Der wunderliche SpielmannSeite 2 / 3
Wiederum sprach er zu sich: “Zeit und Weile wird mir hier im Walde lang; ich will einen andern Gesellen herbeiholen,” nahm seine Geige und der Klang erschallte durch den Wald. Da kam ein Häschen dahergesprungen. “Ach, ein Hase kommt!” sagte der Spielmann, “den wollte ich nicht haben.” - “Ei, du lieber Spielmann,” sagte das Häschen, “was fiedelst du so schön, das möchte ich auch lernen.” - “Das ist bald gelernt,” sprach der Spielmann, “du mußt nur alles tun, was ich dir heiße.” - “O Spielmann,” antwortete das Häslein, “ich will dir gehorchen, wie ein Schüler seinem Meister.” Sie gingen ein Stück Wegs zusammen, bis sie zu einer lichten Stelle im Walde kamen, wo ein Espenbaum stand. Der Spielmann band dem Häschen einen langen Bindfaden um den Hals, wovon er das andere Ende an den Baum knüpfte. “Munter, Häschen, jetzt spring mir zwanzigmal um den Baum herum!” rief der Spielmann, und das Häschen gehorchte. Und wie es zwanzigmal herumgelaufen war, so hatte sich der Bindfaden zwanzigmal um den Stamm gewickelt, und das Häschen war gefangen, und es mochte ziehen und zerren, wie es wollte, es schnitt sich nur den Faden in den weichen Hals. “Warte da so lange, bis ich wiederkomme,” sprach der Spielmann und ging weiter.
Der Wolf indessen hatte gerückt, gezogen, an dem Stein gebissen, und so lange gearbeitet, bis er die Pfoten freigemacht und wieder aus der Spalte gezogen hatte. Voll Zorn und Wut eilte er hinter dem Spielmann her und wollte ihn zerreißen. Als ihn der Fuchs laufen sah, fing er an zu jammern, und schrie aus Leibeskräften: “Bruder Wolf, komm mir zu Hilfe, der Spielmann hat mich betrogen!” Der Wolf zog die Bäumchen herab, biß die Schnur entzwei und machte den Fuchs frei, der mit ihm ging und an dem Spielmann Rache nehmen wollte. Sie fanden das gebundene Häschen, das sie ebenfalls erlösten, und dann suchten alle zusammen ihren Feind auf.
Der Spielmann hatte auf seinem Weg abermals seine Fiedel erklingen lassen, und diesmal war er glücklicher gewesen. Die Töne drangen zu den Ohren eines armen Holzhauers, der alsbald, er mochte wollen oder nicht, von der Arbeit abließ und mit dem Beil unter dem Arme herankam, die Musik zu hören. “Endlich kommt doch der rechte Geselle,” sagte der Spielmann, “denn einen Menschen suchte ich und keine wilden Tiere.” Und fing an und spielte so schön und lieblich, daß der arme Mann wie bezaubert dastand, und ihm das Herz vor Freude aufging. Und wie er so stand, kamen der Wolf, der Fuchs und das Häslein heran, und er merkte wohl, daß sie etwas Böses im Schilde führten. Da erhob er seine blinkende Axt und stellte sich vor den Spielmann, als wollte er sagen: “Wer an ihn will, der hüte sich, der hat es mit mir zu tun.” Da ward den Tieren angst und sie liefen in den Wald zurück; der Spielmann aber spielte dem Manne noch eins zum Dank und zog dann weiter.