DaumesdickSeite 2 / 5
Der Bauer machte sich einmal fertig in den Wald zu gehen und Holz zu fällen; da sprach er so vor sich hin “nun wollt ich, daß einer da wäre, der mir den Wagen nach brächte”. “O Vater,” rief Daumesdick, “den Wagen will ich schon bringen, verlaßt euch drauf, er soll zur bestimmten Zeit im Walde sein.” Da lachte der Mann und sprach “wie sollte das zugehen, du bist viel zu klein, um das Pferd mit dem Zügel zu leiten”. “Das thut nichts, Vater, wenn nur die Mutter anspannen will, ich setze mich dem Pferd ins Ohr und rufe ihm zu, wie es gehen soll.” “Nun,” antwortete der Vater, “einmal wollen wirs versuchen.” Als die Stunde kam, spannte die Mutter an und setzte den Daumesdick dem Pferd ins Ohr: da rief der Kleine, wie das Pferd gehen sollte, “jüh und joh! hott und har!” Da ging es ganz ordentlich als wie bei einem Meister, und der Wagen fuhr den rechten Weg nach dem Walde. Es trug sich zu, als er eben um eine Ecke bog, und der Kleine “har, har!” rief, daß zwei fremde Männer daher kamen. “Mein,” sprach der eine, “was ist das? da fährt ein Wagen, und ein Fuhrmann ruft dem Pferde zu und ist doch nicht zu sehen.” “Das geht nicht mit rechten Dingen zu,” sagte der andere, “wir wollen dem Karren folgen und sehen, wo er anhält.” Der Wagen aber fuhr vollends in den Wald hinein und richtig zu dem Platze, wo das Holz gehauen ward. Als Daumesdick seinen Vater erblickte, rief er ihm zu “siehst du, Vater, da bin ich mit dem Wagen, nun hol mich herunter”. Der Vater faßte das Pferd mit der linken und holte mit der rechten sein Söhnlein aus dem Ohr, das sich ganz lustig auf einen Strohhalm niedersetzte. Als die beiden fremden Männer den Daumesdick erblickten, wußten sie nicht, was sie vor Verwunderung sagen sollten. Da nahm der eine den andern beiseit und sprach “hör, der kleine Kerl könnte unser Glück machen, wenn wir ihn in einer großen Stadt für Geld sehen ließen: wir wollen ihn kaufen”. Sie giengen zu dem Bauer und sprachen “verkauft uns den kleinen Mann, er solls gut bei uns haben”. “Nein,” antwortete der Vater, “es ist mein Herzblatt und ist mir für alles Gold in der Welt nicht feil.” Daumesdick aber, als er von dem Handel hörte, kroch an den Rockfalten seines Vaters hinauf, stellte sich ihm auf die Schulter und sagte ihm ins Ohr “Vater, gib mich nur hin, ich will schon wieder zu dir kommen”. Da gab ihn der Vater für ein schones Stück Geld den beiden Männern hin. “Wo willst du sitzen?” sprachen sie zu ihm. “Ach, setzt mich nur auf den Rand von eurem Hut, da kann ich auf und ab spazieren und die Gegend betrachten und falle doch nicht herunter.” Sie thaten ihm den Willen, und als Daumesdick Abschied von seinem Vater genommen hatte, machten sie sich mit ihm fort. So giengen sie, bis es dämmerig ward, da sprach der Kleine “hebt mich einmal herunter, es ist nöthig”. “Bleib nur droben,” sprach der Mann, auf dessen Kopf er saß, “ich will mir nichts draus machen, die Vögel lassen mir auch manchmal was drauf fallen.” “Nein,” sprach Daumesdick, “ich weiß auch, was sich schickt: hebt mich nur geschwind herab.” Der Mann nahm den Hut ab und setzte den Kleinen auf einen Acker am Weg, da sprang und kroch er ein wenig zwischen den Schollen hin und her und schlüpfte dann auf einmal in ein Mausloch das er sich ausgesucht hatte. “Guten Abend ihr Herren, geht nur ohne mich heim,” rief er ihnen zu und lachte sie aus. Sie liefen herbei und stachen mit Stöcken in das Mausloch, aber das war vergebliche Mühe, Daumesdick kroch immer weiter zurück; und da es bald ganz dunkel ward, so mußten sie mit Aerger und mit leerem Beutel wieder heim wandern.