Der wunderliche SpielmannSeite 1 / 3
Es war einmal ein wunderlicher Spielmann, der ging durch einen Wald mutterseelenallein und dachte hin und her. Und als für seine Gedanken nichts mehr übrig war, sprach er zu sich selbst: “Mir wird hier im Walde Zeit und Weile lang, ich will einen guten Gesellen herbeiholen.” Da nahm er die Geige vom Rücken und fiedelte eins, daß es durch die Bäume schallte. Nicht lange, so kam ein Wolf durch das Dickicht daher getrabt. “Ach, ein Wolf kommt! Nach dem trage ich kein Verlangen,” sagte der Spielmann. Aber der Wolf schritt näher und sprach zu ihm: “Ei, du lieber Spielmann, was fiedelst du so schön! Das möchte ich auch lernen.” - “Das ist bald gelernt,” antwortete der Spielmann, “du mußt nur alles tun, was ich dir heiße.” - “O Spielmann,” sprach der Wolf, “ich will dir gehorchen, wie ein Schüler seinem Meister.” Der Spielmann hieß ihn mitgehen, und als sie ein Stück Wegs zusammen gegangen waren, kamen sie an einen alten Eichbaum, der innen hohl und in der Mitte aufgerissen war. “Sieh her,” sprach der Spielmann, “willst du fiedeln lernen, so lege die Vorderpfoten in diesen Spalt.” Der Wolf gehorchte, aber der Spielmann hob schnell einen Stein auf und keilte ihm die beiden Pfoten mit einem Schlag so fest, daß er wie ein Gefangener da liegenbleiben mußte. “Warte da so lange, bis ich wiederkomme,” sagte der Spielmann und ging seines Weges.