Die zwölf BrüderSeite 3 / 5
Nun nahm es die zwölf Hemden und ging fort und geradezu in den großen Wald hinein. Es ging den ganzen Tag und am Abend kam es zu dem verwünschten Häuschen. Da trat es hinein und fand einen jungen Knaben, der fragte: “Wo kommst du her und wo willst du hin?” und erstaunte, daß sie so schön war, königliche Kleider trug und einen Stern auf der Stirn hatte. Da antwortete sie: “Ich bin eine Königstochter und suche meine zwölf Brüder und will gehen, so weit der Himmel blau ist, bis ich sie finde.” Sie zeigte ihm auch die zwölf Hemden, die ihnen gehörten. Da sah Benjamin, daß es seine Schwester war und sprach: “Ich bin Benjamin, dein jüngster Bruder.” Und sie fing an zu weinen vor Freude, und Benjamin auch, und sie küßten und herzten einander vor großer Liebe. Hernach sprach er: “Liebe Schwester, es ist noch ein Vorbehalt da, wir hatten verabredet, daß ein jedes Mädchen, das uns begegnete, sterben sollte, weil wir um ein Mädchen unser Königreich verlassen mußten.” Da sagte sie: “Ich will gerne sterben, wenn ich damit meine zwölf Brüder erlösen kann.” - “Nein,” antwortete er, “du sollst nicht sterben, setze dich unter diese Bütte, bis die elf Brüder kommen, dann will ich schon einig mit ihnen werden.” Also tat sie; und wie es Nacht ward, kamen die anderen von der Jagd, und die Mahlzeit war bereit. Und als sie am Tische saßen und aßen, fragten sie: “Was gibt's Neues?” Sprach Benjamin: “Wißt ihr nichts?” - “Nein,” antworteten sie. Sprach er weiter: “Ihr seid im Walde gewesen, und ich bin daheim geblieben, und weiß doch mehr als ihr.” - “So erzähle uns,” riefen sie. Antwortete er: “Versprecht ihr mir auch, daß das erste Mädchen, das uns begegnet, nicht soll getötet werden?” - “Ja,” riefen sie alle, “das soll Gnade haben, erzähl uns nur!” Da sprach er: “Unsere Schwester ist da,” und hub die Bütte auf, und die Königstochter kam hervor, in ihren königlichen Kleidern mit dem goldenen Stern auf der Stirne, und war so schön, zart und fein. Da freuten sich alle, fielen ihr um den Hals und küßten sie und hatten sie von Herzen lieb.