BlaubartSeite 2 / 7
Blaubart aber kannte die Weiber und die Mittel, ihnen die Köpfe zu verdrehen. Er lud die Mutter und die Töchter samt einigen ihrer Freundinnen und mehrere junge Männer auf eines seiner Schlösser, wo man sich durch acht Tage aufs angenehmste unterhielt. Da ging es hoch und lustig her; nichts als Landpartien, Bälle, Mahlzeiten, Gesellschaftsspiele, Neckereien, dazu wohlangebrachte Geschenke an die Mädchen wie an die Mutter und an die Freundinnen, die auf die Schwestern am meisten Einfluß hatten.
Kurz, nach acht Tagen fand die jüngere Schwester, daß der Bart ihres Wirtes nur bläulich, nicht blau, und daß er selbst im ganzen und großen ein recht galanter Ritter und höchst annehmbarer Ehemann sei. Wenige Wochen nach diesen Lustbarkeiten war Hochzeit.
Nach Verlauf des Honigmondes sagte Blaubart zu seiner Frau: »Ich muß in sehr wichtiger Angelegenheit eine längere Reise machen, die mich wohl sechs Wochen lang von dir, mein Engel, und von meinem jungen Glücke trennen wird. Betrübe dich darum nicht allzusehr; im Gegenteil, lasse deine Freundinnen kommen und unterhalte dich während meiner Abwesenheit so gut als möglich. Hier übergebe ich dir die Schlüssel zu meinen Vorrats- und Schatzkammern, denn was mir gehört, gehört dir, und schalte und walte du damit nach Belieben. Dieser Schlüssel führt zum Saal der Gold- und Silbergeschirre, die man nicht täglich braucht, dieser zu meinen Kassen voll Gold und Silber, dieser zu den Kisten, in denen ich meine Diamanten aufbewahre, und dieser hier ist der Hauptschlüssel, der alle Türen öffnet. Was nun dieses kleine Schlüsselchen betrifft, so führt es in das kleine Gemach am Ende der großen Galerie. Gehe du überall hin, wohin es dir beliebt, öffne alle Türen, wie du willst, aber ich verbiete dir aufs strengste, in jenes kleine Kabinett einzutreten. Sollte es dir dennoch begegnen, daß du es öffnest, so wisse, daß du von meinem Zorne das Schrecklichste zu erwarten hast.«