Der gestiefelte KaterSeite 3 / 5
Der Kater fuhr nun während zwei oder drei Monaten fort, dem König von Zeit zu Zeit Wild aus dem Jagdrevier seines Herrn zu bringen. Eines Tages, als ihm zu Ohren kam, daß der König mit seiner Tochter, der schönsten Prinzessin auf der ganzen Welt, eine Spazierfahrt am Flußufer machen wollte, sprach er zu seinem Herrn: »Wenn Ihr meinem Rat folgen werdet, ist Euer Glück gemacht: Ihr müßt nur im Fluß an einer Stelle, die ich Euch zeigen werde, ein Bad nehmen, den Rest laßt mich nur machen.«
Der Marquis von Carabas tat wie ihn sein Kater geheißen hatte, ohne zu ahnen, wozu das gut sein mochte. Während er nun badete, fuhr der König vorüber, und der Kater begann aus Leibeskräften zu schreien: »Zu Hilfe, zu Hilfe, der Herr Marquis von Carabas ist am Ertrinken!« Auf diesen Schrei hin streckte der König seinen Kopf aus dem Wagen, und als er den Kater erkannte, der ihm so oft Wildbret gebracht hatte, befahl er seinen Wachen, dem Herrn Marquis von Carabas schnell zu Hilfe zu eilen.
Während man den armen Marquis aus dem Fluß zog, trat der Kater an die Kutsche heran und erzählte dem König, wie sein Herr gebadet habe und wie unterdessen Räuber seine Kleider gestohlen hätten, obgleich er aus Leibeskräften 'Haltet den Dieb' gerufen habe; das schlaue Kerlchen hatte sie unter einem großen Stein versteckt. Daraufhin befahl der König seinen Kammerdienern, eines seiner schönsten Gewänder für den Herrn Marquis von Carabas zu holen. Der König schenkte ihm unzählige Zeichen seiner Huld, erwies ihm tausend Freundlichkeiten, und da die schönen Gewänder, die man ihm angelegt hatte, sein gutes Aussehen so recht zur Geltung brachten (denn er war schön und wohlgestaltet), gefiel er der Königstochter nur allzu gut. Als ihr der Marquis von Carabas dann noch zwei oder drei ehrerbietige und ein wenig zärtliche Blicke zuwarf, verliebte sie sich bis über beide Ohren in ihn.
Der König hieß ihn in seine Kutsche einsteigen und ihn bei der Spazierfahrt begleiten. Der Kater, der ganz begeistert war, daß sein Vorhaben so erfolgversprechend begann, ging voraus, und als er auf einige Bauern traf, die eine Wiese mähten, sagte er zu ihnen: »Liebe Leute, die ihr da mäht, wenn ihr dem König nicht sagt, daß die Wiese, die ihr mäht, dem Herrn Marquis von Carabas gehört, werdet ihr alle kleingehackt wie Pastetenfleisch. « Der König versäumte es nicht, die Mäher zu fragen, wem denn diese Wiese gehöre, die sie mähten: »Sie gehört dem Marquis von Carabas«, sagten sie einstimmig, denn die Drohung des Katers hatte ihnen Angst eingejagt. »Da habt Ihr einen schönen Besitz«, sprach der König zum Marquis von Carabas. »Das ist wahr, Majestät«, entgegnete der Marquis, »die Wiese bringt alljährlich eine gute Ernte. «