Die kleine SeejungfrauSeite 14 / 24
Nun kam sie zu einem großen, sumpfigen Platz im Walde, wo große, fette Wasserschlangen sich wälzten und ihren häßlichen weißgelben Bauch zeigten. Mitten auf dem Platze war ein Haus, von weißen Knochen gestrandeter Menschen errichtet, da saß die Meerhexe und ließ eine Kröte aus ihrem Munde fressen, gerade wie die Menschen einem kleinen Kanarienvogel Zucker zu essen geben. Die häßlichen, fetten Wasserschlangen nannte sie ihre Küchlein und ließ sie sich auf ihrer schwammigen Brust wälzen.
»Ich weiß schon was Du willst!« sagte die Meerhexe; »es ist zwar dumm von Dir, doch sollst Du Deinen Willen haben, denn er wird Dich ins Unglück stürzen, meine schöne Prinzessin. Du willst gern Deinen Fischschwanz los sein und statt dessen zwei Stützen gleich wie die Menschen zum Gehen haben, damit der junge Prinz verliebt in Dich werden möge, und Du ihn und eine unsterbliche Seele erhalten kannst!« Dabei lachte die Hexe widerlich, sodaß die Kröte und die Schlange auf die Erde fielen, wo sie sich wälzten. »Du kommst gerade zur rechten Zeit,« sagte die Hexe, »morgen, wenn die Sonne aufgeht, könnte ich Dir nicht helfen, bis wieder ein Jahr vorüber wäre. Ich werde Dir einen Trank bereiten, mit dem mußt Du, bevor die Sonne aufgeht, nach dem Lande schwimmen, Dich dort an das Ufer setzen und ihn trinken, dann schwindet Dein Schweif und schrumpft zu dem, was die Menschen niedliche Beine nennen, ein; aber das thut wehe, es ist, als ob ein scharfes Schwert Dich durchdränge. Alle, die Dich sehen, werden sagen, Du seiest das schönste Menschenkind, was sie gesehen haben! Du behältst Deinen schwebenden Gang, keine Tänzerin kann schweben wie Du, aber bei jedem Schritt, den Du machst, ist Dir, als ob Du auf scharfe Messer trätest, als ob Dein Blut fließen müßte. Willst Du alles dies leiden, so werde ich Dir helfen!«
»Ja!« sagte die kleine Seejungfrau mit bebender Stimme, und gedachte des Prinzen und der unsterblichen Seele.