Die SparbüchseSeite 2 / 3
Das kleine Puppentheater wurde sogleich aufgebaut, und zwar so, daß sie gerade hineinsehen konnte; sie wollten mit einer Komödie beginnen und dann sollte es Tee geben und Gedankenspiele gespielt werden. Damit fing man sogleich an. Das Schaukelpferd sprach von Training und Vollblut, der Kinderwagen von Eisenbahnen und Dampfkraft, immer war es etwas, was in ihr Fach gehörte und worüber sie zu sprechen verstanden. Die Stubenuhr sprach von Politik – tik-tik. Sie wußte, was die Glocke geschlagen hatte, aber man sagte von ihr, daß sie falsch ginge. Das spanische Rohr stand da und war stolz auf seine Spitze und seinen silbernen Knopf, er war oben und unten beschlagen; im Sofa lagen zwei gestickte Kissen, sie waren hübsch und dumm – nun konnte die Komödie beginnen.
Alle saßen und schauten zu, dann wurde höflich ersucht zu klatschen, zu knallen oder zu poltern, ganz wie man eben aufgelegt sei durch das Spiel. Aber die Reitpeitsche sagte, daß sie niemals für ältere Leute, sondern nur für die Unverlobten knalle. “Ich knalle für jeden” sagte die Knallerbse. “Einen Standpunkt muß man ja haben” sagte der Spucknapf. Das waren so die Gedanken, die ihnen bei dem Komödienspiel kamen. Das Stück taugte nichts, aber es wurde gut gegeben; alle Spielenden wandten die bemalte Seite nach außen. Sie waren nur dazu da, um von der einen Seite gesehen zu werden, aber nicht von der Rückseite. Alle spielten ausgezeichnet und ganz im Vordergrunde des Theaters, sie hingen zwar an zu langen Drähten, aber dadurch wurden sie nur umso bemerkbarer. Die gekittete Puppe war so hingerissen, daß der Kitt sich löste, und die Sparbüchse war auf ihre Art so gerührt, daß sie beschloß, für einen der Schauspieler etwas zu tun, und zwar wollte sie in ihrem Testament bestimmen, daß er mit ihr im offenen Grab liegen solle, wenn die Zeit einst da sei.
Das war wirklich ein solcher Genuß, daß man vom Teetrinken absah und bei den Gedankenspielen blieb, was man “Menschen spielen” nannte. Darin war keine Bosheit, denn sie spielten nur – und jeder dachte an sich und an die merkwürdigen Gedanken, die die Sparbüchse zuweilen hatte. Die Sparbüchse besaß am meisten Weitblick, sie dachte ja schon an Testament und Begräbnis – und wann geschah das wohl? – Immer, bevor man es erwartet. – Knack, da fiel sie vom Schranke – lag auf dem Fußboden in tausend Scherben, während die Schillinge tanzten und sprangen; die kleinsten drehten sich um sich selbst, die großen rollten, besonders der eine Silbertaler wollte durchaus in die Welt hinaus. Und das kam er auch und alle die anderen mit; die Scherben der Sparbüchse wanderten in den Kehricht. Doch am nächsten Tage schon stand auf dem Schranke eine neue Sparbüchse aus Ton. Noch war kein Schilling darin, daher konnte sie auch nicht klappern. Hierin glich sie der anderen, das war immer ein Anfang – und damit sind wir auch am Ende.