Die wilden SchwäneSeite 8 / 16
Sie waren so hoch, daß das größte Schiff, welches sie unter sich erblickten, eine weiße Möwe zu sein schien, die auf dem Wasser lag. Eine große Wolke stand hinter ihnen, das war ein ganzer Berg. Und auf diesem sah Elisa ihren eigenen Schatten und den der elf Schwäne, so riesengroß flogen sie dahin. Das war ein Gemälde, prächtiger, als sie früher je eins gesehen. Doch als die Sonne höher stieg und die Wolke weiter zurückblieb, verschwand das schwebende Schattenbild.
Den ganzen Tag flogen sie fort, gleich einem sausenden Pfeil durch die Luft; aber es ging doch langsamer als sonst, denn jetzt hatten sie die Schwester zu tragen. Es zog ein böses Wetter auf, der Abend brach herein. Ängstlich sah Elisa die Sonne sinken, und noch war die einsame Klippe im Meere nicht zu erblicken. Es kam ihr vor, als machten die Schwäne stärkere Schläge mit den Flügeln. Ach, sie war Schuld daran, daß sie nicht rasch genug fortkamen. Wenn die Sonne untergegangen war, so mußten sie Menschen werden, in das Meer stürzen und ertrinken. Da betete sie aus dem Innersten des Herzens ein Gebet zum lieben Gott; aber noch erblickte sie keine Klippe. Die schwarze Wolke kam näher, die starken Windstöße verkündeten einen Sturm. Die Wolken standen in einer einzigen, großen, drohenden Welle da, welche fast wie Blei vorwärts schoß, Blitz leuchtete auf Blitz.
Jetzt war die Sonne gerade am Rande des Meeres. Elisas Herz bebte. Da schossen die Schwäne hinab, so schnell, daß sie zu fallen glaubte. Aber nun schwebten sie wieder. Die Sonne war halb unter dem Wasser, da erblickte sie erst die kleine Klippe unter sich. Sie sah nicht größer aus, als ob es ein Seehund sei, der den Kopf aus de Wasser streckte. Die Sonne sank so schnell, jetzt erschien sie nur noch wie ein Stern. Da berührte ihr Fuß den festen Grund! Die Sonne erlosch gleich dem letzten Funken im brennenden Papier. Arm in Arm sah sie die Brüder um sich stehen; aber mehr Platz, als gerade für diese und sie war auch nicht da. Die See schlug gegen die Klippe und ging wie Staubregen über sie hin. Der Himmel leuchtete in einem fortwährenden Feuer, und Schlag auf Schlag rollte der Donner. Aber Schwester und Brüder faßten sich an den Händen und sangen Psalmen, aus denen sie Trost und Mut schöpften.