Das RotkäppchenSeite 1 / 5
Es war einmal ein kleines Mädchen, ein herziges Ding, das alle Welt liebhatte. Am liebsten hatte es die Großmutter, die kaufte ihm ein Mäntelchen mit einer roten Kapuze daran, und danach hieß es Rotkäppchen. Eines Tages, da die Mutter Kuchen gebacken, sagte sie zu Rotkäppchen: »Rotkäppchen, die Großmama ist krank, geh hin und erkundige dich, wie es ihr geht, und bringe ihr hier von den schönen Kuchen, solange sie noch frisch sind, und etwas Wein und Butter dazu und allerlei gute Sachen, die ich in das Körbchen packe.«
Rotkäppchen ging immer gerne zur Großmutter, obwohl es ein langer Weg war, denn man weiß es ja, wie die Großmütter die Enkelchen lieben, und das Enkelchen möcht ich sehen, das nicht auch die Großmutter liebhätte.
Ehe es ging, sagte noch die Mutter: »Kind, Kind, gehe immer geradeaus, sieh nicht rechts, nicht links, und lasse dich durch niemanden vom geraden Weg ablocken!«
So ungefähr sagen ja die Mütter immer, wenn die Töchter hinausgehen. Manchmal nützt es, öfter auch nicht, denn die besten Reden sind ja aus Luft gemacht.
Wie Rotkäppchen in den Wald kam, begegnete ihr der Gevatter Wolf. Sie hatte keine Angst, denn sie war ein unschuldiges Ding, das noch nicht wußte, was ein Wolf ist. Er aber verstand sich ganz wohl auf einen guten Bissen, und er hätte sie am liebsten gleich aufgefressen, wenn nicht Leute in der Nähe gewesen wären, die er fürchtete. Da machte er sich so an sie, wie man zu tun pflegt, mit gleichgültigen und freundlichen Reden.
»Guten Morgen, Rotkäppchen! Wohin des Weges?«
»Danke schönstens! Ich gehe zur Großmutter, die ist krank, und ich bringe ihr frischgebackene Kuchen von meiner Mutter und Butter und Wein und allerlei gute Sachen.«
»Wohnt sie weit von hier, deine Großmutter?«