Der kleine DäumlingSeite 9 / 10
Der Riese, der in seiner Wut arg hin und her gelaufen war, fühlte sich etwas müde, legte sich auf den Felsen, entschlief und schnarchte bald so fürchterlich wie in der letzten Nacht. Däumling, der dieses Geschnarch schon kannte, sagte zu seinen Brüdern: »Jetzt ist nichts zu fürchten; macht euch auf die Strümpfe, laufet nach Hause, grüßet mir Vater und Mutter und seid meinetwegen nicht besorgt. Ich werde mit so einem Kerlchen wie dem Riesen schon fertig. Selbst ist der Mann!« Die Buben liefen, was sie konnten, und waren bald zu Hause. Däumling aber zog dem Riesen sachte, sachte die Siebenmeilenstiefel von den Füßen und zog sie selber an. Sie saßen ihm wie angegossen, denn sie hatten die Eigenschaft, sich nach Bedürfnis auszudehnen oder zusammenzuziehen, und paßten auf den Fuß jedes jeweiligen Besitzers.
»So«, sagte der Däumling, »die hätten wir denn. Jetzt wollen wir sehen, wie weit wir es mit Siebenmeilenstiefeln bringen. Ein Esel, wer an der Krippe steht und nicht frißt, wer die Mittel zum Glück hat und nicht sein Glück macht.«
So sprechend, war er bereits auf dem Wege zu dem Hause des Riesen, und er hatte noch nicht ausgesprochen, so stand er schon vor dessen Tür.
Euer Mann, gute Frau«, sagte er zu dem Weib des Menschenfressers, »ist mehreren noch stärkeren Riesen in die Hände gefallen, die ihm den Hals abschneiden wollen, wenn er nicht seine ganze Barschaft ausliefert. Im Augenblick der Gefahr sah er mich vorbeikommen, und als alten Bekannten bat er mich, die Bestellung an Euch auszurichten. Und weil es Eile hat, und zugleich, um mich bei Euch zu beglaubigen, gab er mir die Siebenmeilenstiefel, die Ihr da an meinen Füßen seht und die mir prächtig sitzen, saget selbst, wie angegossen. Also nicht lange gefadelt und heraus mit allem Baren!«
Die gute Frau besann sich nicht lange und gab alles her, und mit den Schätzen beladen, eilte der Däumling heim zu Vater, Mutter und Brüdern, und das war wieder einmal eine Freude des Wiedersehens, daß es nicht zu sagen ist.