EselshautSeite 4 / 14
In einer unglückseligen Stunde stand er plötzlich betroffen vor einem Gedanken, vor einer Bemerkung: Die Prinzessin, seine eigene Tochter, war nicht nur bezaubernd schön und wunderbar gewachsen, sie übertraf noch weit die Hochselige an Geist, Anmut und allem, was das weibliche Geschlecht reizend machen kann. Ihre Jugend, ihre Schönheit entflammten ihn dermaßen, daß er es vor ihr nicht länger verbergen konnte und daß er endlich mit der Erklärung herausrückte, sie, nur sie heiraten zu wollen, weil auch sie allein ihn von seinem Schwur entbinden könne.
Die junge, schöne, tugendhafte Prinzessin meinte, in Ohnmacht fallen zu müssen. Sie warf sich ihm zu Füßen, sie weinte, sie beschwor ihn, sie doch nicht dazu zu zwingen.
Der König, der, seinem Stande gemäß, sich nichts versagen konnte, was er sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, ging hin, um sich mit einem alten Druiden in dieser Angelegenheit zu beraten und das Gewissen der Prinzessin zu beruhigen, wohl wissend, daß dieser Druide für alle Sünden die schönsten Entschuldigungen zu finden verstand.
In der Tat verließ er denselben wieder, überzeugt, daß es ein frommes Werk sei, seine Tochter zu heiraten. Demgemäß umarmte er die Prinzessin und befahl ihr, sich für alles, was zur Hochzeit gehört, vorzubereiten.
In dieser verzweifelten Lage blieb der armen Prinzessin nichts übrig, als sich an ihre Pate, die Fliederfee, um Rat und Hilfe zu wenden. Und in der Nacht schlich sie aus dem Palaste, spannte einen Hammel, der ihr Vertrauen besaß und der alle Wege kannte, vor ihren Wagen und fuhr im Mondschein davon.
Noch vor Mitternacht kam sie bei der Fee glücklich an. Diese wußte natürlich schon, um was es sich handelte, ließ sich aber doch alles ausführlich erzählen und versicherte dann der Prinzessin, daß sie ganz ruhig sein könne und daß ihr nichts Böses geschehen werde, wenn sie nur ihre, der Fee, Ratschläge pünktlich befolge. »Denn«, sagte sie, »es wäre ein großer Fehler, seinen Vater zu heiraten, und man muß dem auszuweichen suchen, ohne ihm gerade zu widersprechen. Verlange du als Belohnung für dein Jawort von ihm ein Kleid von der Farbe des Wetters. Sage du, es sei einmal dein Geschmack, ein solches Kleid, und du würdest nicht eher ja sagen, als bis er dir dasselbe verschaffe. Niemals, bei aller Liebe und Macht, wird er dir ein Kleid von der Wetterfarbe verschaffen können.«