Feder und TintenfaßSeite 3 / 3
"Wie töricht, wollten die Violine und der Bogen sich eitel über ihr Tun gebärden! Und wir Menschen tun es doch so oft, der Dichter, der Künstler, der Erfinder auf dem Gebiet der Wissenschaft, der Feldherr, wir tun es alle, wir alle sind doch nur die Instrumente, auf denen Gott, der Herr, spielt. Ihm allein die Ehre! Wir haben nichts, worauf wir stolz sein könnten!" Ja, das schrieb der Dichter nieder, schrieb es wie eine Parabel und nannte dieselbe: "Der Meister und die Instrumente."
"Da kriegen Sie was ab, Madame", sprach die Feder zum Tintenfaß, als die beiden wieder allein waren. "Sie hörten ihn doch laut vorlesen, was ich niedergeschrieben hatte?"
"Ja, das, was ich Ihnen zu schreiben gab!" sagte das Tintenfaß. "Das war ja ein Hieb für Sie, Ihres Übermuts wegen. Daß Sie nicht einmal begreifen können, daß man Sie zum besten hat! Ich versetzte Ihnen einen Hieb direkt aus meinem Innersten heraus, ich muß doch meine eigene Bosheit kennen."
"Tintenscherbe!" sagte die Feder. "Schreibstecken!" sagte das Tintenfaß.
Und beide hatten das Bewußtsein, gut geantwortet zu haben, und das ist ein angenehmes Bewußtsein, zu wissen, daß man gut geantwortet hat, darauf kann man schlafen, und sie schliefen darauf. Allein der Dichter schlief nicht. Gedanken sprudelten aus ihm hervor gleich den Tönen aus der Violine, rollend wie Perlen, brausend wie der Sturmwind durch die Wälder, er empfand sein eigenes Herz in diesen Gedanken, verspürte einen Blitzstrahl vom ewigen Meister. Ihm allein die Ehre!