EselshautSeite 6 / 14
Nachdem sie sich ein wenig beruhigt, sagte sie: »Nun aber wollen wir uns mit diesen Teufelswerken nicht weiter befassen, sondern die Liebe des Vaters auf eine Probe stellen, die er schwerlich bestehen wird. Wir wollen einmal sehen, wie sich ein König benimmt, wenn man an seine Einkünfte rührt. Gehe hin, meine Tochter, und verlange die Haut jenes Esels, den er so hoch schätzt und der ihm eine so große Rente abwirft. Gehe hin und verlange besagte Haut.«
Die Prinzessin, glücklich, noch ein Mittel zu besitzen, um dem verabscheuten Ehebunde zu entgehen, und überzeugt, daß der König den geliebten Esel ihr nicht opfern werde, verlangte also mit vielem Mute und großer Entschiedenheit die Haut des kostbaren Tieres.
Der König erschrak, faßte sich aber bald und gab Befehl, daß der Goldesel geschlachtet werde.
Als man ihr im Namen des Königs die Haut des Esels in einem schön geschnitzten Köfferchen herbeibrachte, raufte sich die Prinzessin die Haare aus. Jetzt sah sie keinen Ausweg mehr, um den bösen Wünschen des Vaters zu entgehen.
Die Fee, die dazukam, rief entrüstet: »Was treibt Ihr? Dies ist der schönste Augenblick Eures Lebens. Hüllet Euch in die Haut, verlasset den Palast und wandert, so weit Euch die Erde trägt. Gibt es etwas Schöneres, als die Gelegenheit, alles der Tugend zu opfern, der Tugend, die am Ende jeder Geschichte belohnt werden muß? Ich werde in dieser Beziehung das meinige tun und dafür sorgen, daß alle die schönen Kleider und Kostbarkeiten, die Ihr der Liebe Eures Vaters danket, wohl eingepackt, Euch überallhin folgen. Nehmet diesen meinen Zauberstab. Wo immer Ihr die Erde damit berühret, wird der Koffer, sooft Ihr sein bedürfet, vor Euch stehen. Jetzt aber haltet Euch nicht länger auf, und glückliche Reise!«
Die Prinzessin nahm von der Pate zärtlichen Abschied, bat sie um ihren ferneren Schutz, obwohl ihr der seitherige wenig genützt, hüllte sich in die häßliche Haut, beschmierte sich das schöne Gesicht seufzend mit Ofenruß und schlich unerkannt aus dem Palaste ihrer Ahnen.