Riquet mit dem SchopfSeite 4 / 7
»Wie wollt Ihr das anfangen?«
»Ich habe«, sagte Riquet mit dem Schopf, »die Macht, so viel Geist, als der Mensch nur vertragen kann, derjenigen Person zu übermachen, die ich zu lieben gezwungen bin. Und da Ihr diejenige Person seid, so hängt es nur von Euch ab, so viel Geist zu bekommen, als der Mensch menschenmöglicherweise überhaupt haben kann – allerdings unter der einzigen Bedingung, daß Ihr mich gütigst heiraten wollt.«
Die Prinzessin stand verblüfft und sagte nichts.
»Ich sehe«, sagte Riquet mit dem Schöpf schmerzlich lächelnd, »daß Euch dieser Antrag stutzig macht, und ich verwundere mich darüber nicht im mindesten, doch gebe ich Euch ein ganzes Jahr Bedenkzeit.«
Die Prinzessin hatte so wenig Verstand und dabei so große Lust, welchen zu haben, daß sie sich das Ende eines Jahres gar nicht vorstellen konnte, und so ging sie auf den Antrag ein. Sie hatte kaum das Wort ausgesprochen, daß sie Riquet mit dem Schopf in einem Jahr heiraten wolle, als sie sich wie in einer anderen Haut fühlte. Sie war überrascht, mit welcher unglaublichen Leichtigkeit ihr die Gedanken kamen und sie dieselben aussprach, wie fein, gewandt und natürlich sie sich ausdrückte. Sie fädelte ein so lebhaftes und inhaltsreiches Gespräch ein, sie war so witzig, glänzend und scharfsinnig, daß Riquet mit dem Schopf fast besorgt war, er habe ihr mehr Verstand gegeben, als er für sich behalten, was in Anbetracht der beabsichtigten Ehe nicht sehr vorsichtig gewesen wäre.
Bei Hofe konnte man sich über die plötzliche Verwandlung der Prinzessin nicht genug verwundern. Denn kommt es auch alle Tage vor, daß kluge Leute Dummheiten sagen oder sogar ganz dumm werden, so gehört die Verwandlung dummer Leute in geistreiche doch zu den größten Seltenheiten und so ist etwas der Art höchstens alle tausend Jahre einmal vorgekommen. Die Prinzessin sagte jetzt ebenso viele Gescheitheiten, wie sie früher Albernheiten gesagt hatte. Das war eine allgemeine Freude und Lustbarkeit!