Riquet mit dem SchopfSeite 6 / 7
Ganz erstaunt fragte die Prinzessin, für wen sie sich so bemühten? »Wir arbeiten«, antwortete einer derselben, »für den Prinzen Riquet mit dem Schopf, der sich morgen zu verheiraten gedenkt.«
Da war die Prinzessin noch mehr erstaunt. Sie erinnerte sich, daß morgen das Jahr um sei und daß sie versprochenermaßen den häßlichen Prinzen heiraten solle. Sie fiel aus den Wolken. Sie hatte die ganze Geschichte vergessen, weil sie damals, als sie das Versprechen gegeben, ein Dummkopf gewesen und weil sie von dem Augenblick an, da sie von ihm den Verstand erhalten, alles aus der Zeit ihrer Dummheit vergessen.
Nachdenklich ging sie weiter, aber nach kaum dreißig Schritten begegnete sie Riquet mit dem Schopf, der sich ihr kecklich und schön .aufgeputzt vorstellte wie ein Prinz, der eben im Begriff steht, in den heiligen Ehestand zu treten.
»Ihr seht, Prinzessin«, sagte er lächelnd, »wie glücklich ich bin, und ich zweifle nicht, daß Ihr ebenfalls hierher kommt, um Euer Wort einzulösen und mich, indem Ihr mir Eure Hand reicht, zum Glücklichsten aller Sterblichen zu machen.«
»Ich gestehe Euch«, sagte die Prinzessin verlegen, »daß ich in dieser Angelegenheit noch zu keinem Entschluß gelangt bin, und ich glaube nicht, daß ich mich je so, wie es Eure Hoheit wünschen, werde entschließen können.«
»Ihr setzet mich in Erstaunen«, sagte Riquet mit dem Schopfe.
»Das glaube ich«, versicherte die Prinzessin, »und ich gebe zu, daß, wenn ich es mit einem ungebildeten Manne, mit einem Manne ohne Geist, zu tun hätte, ich mich in diesem Augenblicke in großer Verlegenheit befände.«
»Eine Prinzessin muß vor allem ihr Wort halten!« rief er dagegen, »Ihr müßt mich heiraten, weil Ihr es versprochen habt.«
Sie erwiderte: »Derjenige, zu dem ich hier zu sprechen die Ehre habe, ist der geistreichste Mann der Welt, und so bin ich gewiß, daß er Vernunft annehmen wird. Ihr wißt, daß ich mich, selbst als ich dumm war, nicht entschließen konnte, Euch zu heiraten. Wie wollt Ihr nun, daß ich jetzt, mit dem Geiste, den Ihr mir gegeben und der mich nur wählerischer macht, es über mich gewinne, einen Entschluß zu fassen, den ich in aller Dummheit nicht zu fassen imstande war? Wenn Ihr mich auf jeden Fall heiraten wollt, so hattet Ihr unrecht, mir meine Dummheit zu benehmen und mir Lichter aufzustecken, bei denen ich die Dinge deutlicher sehe als zuvor.«